Ein Alumni meldet sich zu Wort: "Ihr könnt nur gewinnen!"

abiturzeugnis22Abschluss in der Hand – und was nun? Einschreibung an einer Uni? Ausbildungsplatz suchen? Sarah Wieding, Alumni des Victor-Klemperer-Kollegs aus dem Jahr 2012, meldet sich zur Wort, um ihre kleine Odyssee im Leben nach dem VKK zu schildern.

„Ich habe meinen Abschluss 2012 im Alter von 25 Jahren gemacht und mich noch im selben Sommer für mein Traumstudium Kunst & Philosophie an diversen Berliner Universitäten beworben (deutschlandweit war leider aus privaten Gründen nicht möglich). Allerdings hatte es trotz Kunst als erfolgreich absolviertem Leistungskurs nicht gereicht und da ich Wartesemester hätte in Anspruch nehmen müssen, entschied ich mich für Plan B und es wurden Geowissenschaften. Was gibt es spannenderes als die Erde?

Überwältigt von der Menge an Mathematik und meines nicht vorhandenen Verständnisses dafür, entschied ich mich, das Fach zum nächsten Erstsemester zu wechseln, überbrückte die Zeit mit einem Praktikum in der Bibliothek des VKK und ging über zu Italienisch und Latein, was großartig war.

Noch vor Ende des ersten Semesters wurde meine neugegründete Videofirma so erfolgreich, dass ich mich erstmal der Selbständigkeit widmete, was 2020 in einem handfesten Burn-out gipfelte. Nach 6 Jahren der Arbeit mit Stars und Sternchen, wollte ich wieder etwas nur für mich tun und schrieb mich erneut für Geowissenschaften ein, da mein innerer Nerd das naive Wissen darum, dass ich schon längst hätte promovieren können, nicht verknuste.

Diesmal war ich fest entschlossen, es durchzuziehen. Nach 2 Jahren und 4 erfolglosen Semestern warf ich endgültig vor meiner alten Nemesis Mathematik das Handtuch. Der Bürojob, der mir das Studium finanzieren sollte, eignet sich nach wie vor hervorragend, Träume nebenbei zu realisieren. Somit konnte ich mich erneut der Arbeit in der Filmbranche widmen, meinen Debütroman schreiben und nach einer erfolgreichen Quizshowteilnahme, standen mir die Türen offen, mich bei einer Schauspielschule zu registrieren.

Aus reiner Neugier habe ich beschlossen, mich – jetzt da es das Universum ja anscheinend gut mit mir meint – auch nochmal für meine alte Liebe Kunst und Philosophie zu bewerben. Und siehe da: Ab Ende Oktober werde ich also Kunstgeschichte, Philosophie und Deutsche Philologie studieren – neben dem Beruf und der Schauspielschule, die ich auch eher durch Zufall noch zusätzlich nebenbei besuchen kann. Hätte ich mich für eines von beiden entscheiden müssen, wüsste ich nicht, was ich gewählt hätte. Zum Glück wurde der Kurs in zwei Kurse gesplittet, von denen einer abends stattfindet.

Also, ja, man kann am Ende doch noch irgendwie zum Ziel kommen, auch wenn es 10 Jahre nach dem Abitur und einer wilden Odyssee aus Wut, Zweifel und Enttäuschung gepaart mit Alltagsmagie und verrückten Erlebnissen geschieht. Ohne die Quizshow wäre vielleicht die Schauspielschule nicht drin, aber alles in allem denke ich: Was gut ist, wird passieren und man muss Mut haben, sich auch mal zu verlaufen und Geduld haben, sich finden zu lassen. Es geht nicht darum, zu zeigen, wie großartig ich mein Leben gerade finde, sondern viel mehr als Motivation dafür, dass man dranbleiben muss und egal, wie stark die Rückschläge sein können, es sich lohnt, nicht aufzugeben.

Die Zeit am VKK war alles im allem sehr schön und es ist witzig, sich nochmal als Schüler zu fühlen. Zu den Lehrkräften baute sich in dieser Zeit ein freundschaftliches Verhältnis auf, was das frühe Aufstehen morgens etwas angenehmer gestaltete. Ich habe mich meistens gut aufgehoben und beraten gefühlt, denn – und da kommt wieder das von allen verabscheute Erwachsensein ins Spiel – man begegnet sich auf Augenhöhe und weiß, dass wir alle nur gebündelte Gefühle in albernen Menschenkostümen sind, die sich auf einem rotierenden Geoid im All elliptisch um einen sterbenden Stern bewegen. Das Leben will gelebt werden und dieses Verständnis dafür, sich selbst nicht allzu ernst zu nehmen, begegnete mir häufig am Kolleg. Also für alle Unentschlossenen: macht die Arschbombe in die Ungewissheit, ihr könnt nur gewinnen!“

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